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Zeitenwende ohne Kompass – Warum linke Parteien ihre antimilitaristische Identität verteidigen müssen

PUBLIÉ LE 18/05/2025 PAR Jean-Laurent Redondo

Zeitenwende ohne Kompass – Warum linke Parteien ihre antimilitaristische Identität verteidigen müssen

Photo : Felix Geringswald/Shutterstock.com

In dem Artikel „Die Linke in der Zeitenwende“, veröffentlicht am 10. April 2025 im Jacobin Magazin, kommt Prof. Dr. Michael Brie – deutscher Philosoph, Sozialwissenschaftler und derzeit Senior Fellow am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Berlin – zu folgendem Befund:
„Die zweite Ursache dafür, dass die Linke in der Europäischen Union bisher keine gemeinsame Position in den Fragen von Krieg und Frieden, Verteidigung und gemeinsamer Sicherheit, USA und NATO, dem Verhältnis zu Russland und China entwickeln konnte, liegt im Verlust einer eigenen ideologischen Identität jenseits des Liberalismus.“

Eine verlorene Orientierung

Beim Lesen dieses Satzes denkt man unweigerlich an politische Entwicklungen im eigenen Land. Auch in der Luxemburger Linkspartei déi Lénk geht eine eigenständige ideologische Identität jenseits eines linken Liberalismus zunehmend verloren.

Der 22. ordentliche Parteikongress von déi Lénk, der am 27. April 2025 im Centre Culturel Mertert stattfand, markierte einen einschneidenden Wendepunkt in der außenpolitischen Ausrichtung der Partei. Die Tür wurde weit geöffnet für die Unterstützung von Waffenlieferungen an die Ukraine. Diese Entscheidung stellt einen Bruch mit der bisherigen antimilitaristischen Grundhaltung dar, die sich stets gegen militärische Interventionen ausgesprochen hat. Die Zustimmung zu Waffenlieferungen wirft daher grundlegende Fragen zur ideologischen Kohärenz und den langfristigen Zielsetzungen der Partei auf.

Der Beschluss des Parteikongresses wird eine Dynamik auslösen, die weit über die Frage der Ukraine hinausreicht. Die ideologische Verwässerung ist eine Konsequenz des schwindenden Einflusses marxistischer Positionen innerhalb der Partei. Dieser Entwicklung muss entschieden entgegengetreten werden. Gebot der Stunde ist eine konsequente Reideologisierung der Partei déi Lénk.

Sie muss von den Marxistinnen und Marxisten ausgehen, die Mitglieder der Partei sind oder ihr beizutreten gedenken, um historische Verantwortung zu übernehmen. Um innerhalb der Partei wieder stärkeres Gewicht zu erlangen, ist es jedoch auch notwendig, sich mit anderen Kommunistinnen und Kommunisten außerhalb der Partei zu vernetzen – auf der Grundlage gemeinsamer Analysen und strategischer Zielsetzungen. Nur so kann der fortschreitenden Sozialdemokratisierung und der Verselbstständigung der Gewählten von déi Lénk wirksam begegnet werden.

Marxistische Gegenperspektiven stärken

In Ländern, in denen Kommunistinnen und Kommunisten in breiten linken Parteien mitwirken, besteht ihre zentrale Aufgabe darin, immer wieder Einsichten des wissenschaftlichen Sozialismus einzubringen – im Dialog mit allen antikapitalistischen Strömungen innerhalb der jeweiligen Parteien. Gerade in Zeiten einer militaristischen „Zeitenwende“, wie wir sie derzeit erleben, ist diese Aufgabe dringlicher denn je. Der Widerstand gegen die imperialistische Militarisierung muss in alle Poren von Partei und Gesellschaft hineingetragen werden. Die Vermittlung marxistischer Erkenntnisse spielt dabei eine herausragende Rolle. In diesem Zusammenhang ist ein Beitrag wie der eingangs zitierte Artikel von Michael Brie von großem Nutzen.

Herausforderungen für die europäische Linke

Bries Artikel „Die Linke in der Zeitenwende“ im Jacobin Magazin beleuchtet exemplarisch die Schwierigkeiten, mit denen linke Parteien konfrontiert sind, wenn es darum geht, klare Positionen zu Krieg und Frieden zu entwickeln. Gegenwärtig stellt insbesondere der Ukraine-Krieg alle europäischen Linken vor fundamentale Herausforderungen.

Inhaltliche Zusammenfassung

Brie konstatiert, dass der russische Angriff auf die Ukraine eine „Zeitenwende“ markiert – nicht nur für die deutsche Außenpolitik, sondern auch für die europäische Linke. Diese sei unvorbereitet auf die Rückkehr des Krieges nach Europa und habe es versäumt, klare Positionen zu Krieg und Militarisierung zu entwickeln. Zwei Hauptgründe werden dafür genannt:

  1. Friedensillusion nach 1990: Nach dem Ende des Kalten Krieges wähnte sich Europa in einer Ära des Friedens. Die zahlreichen Kriege in der Peripherie Europas, etwa auf dem Balkan oder im Nahen Osten, wurden von der Öffentlichkeit und der Linken oft ignoriert oder als Randphänomene betrachtet.
  2. Verlust ideologischer Klarheit: Die Linke habe ihre eigenständige ideologische Identität verloren und sich zu sehr dem liberalen Mainstream angenähert. Dies habe dazu geführt, dass sie keine kohärente Kritik an der NATO, den USA oder der Militarisierung Europas formulieren könne.

Brie schlägt vier strategische Ansätze vor, um die Linke in der aktuellen Situation neu zu positionieren:

  • Emanzipation von den USA und der NATO: Die NATO wird als Instrument US-amerikanischer Hegemonie betrachtet. Die Linke sollte sich für eine eigenständige europäische Sicherheitsarchitektur einsetzen, die nicht auf Konfrontation mit Russland ausgerichtet ist.
  • Entwicklung eigener Sicherheitskonzepte: Statt sich auf bestehende militärische Strukturen zu verlassen, sollte die Linke alternative Konzepte für Sicherheit und Frieden entwickeln, die auf Abrüstung und Diplomatie beruhen.
  • Stärkung der Friedensbewegung: Die Linke sollte aktiv an der Wiederbelebung der Friedensbewegung mitwirken und sich gegen die Aufrüstung und Militarisierung Europas positionieren.
  • Solidarität mit den Opfern von Krieg und Imperialismus: Die Linke sollte ihre Solidarität mit den Opfern von Krieg und imperialistischer Politik ausdrücken und sich für deren Rechte und Bedürfnisse einsetzen.

Fazit

Bries Analyse macht deutlich, warum die Zustimmung von linken Parteien zu Waffenlieferungen nicht als pragmatische Anpassung, sondern als strategischer Fehler gelesen werden muss. Der Bruch mit einer antimilitaristischen Grundhaltung schwächt die Glaubwürdigkeit linker Parteien und lässt sie in einer Phase ideologischer Verunsicherung als mitlaufende Akteure erscheinen – nicht als oppositionelle Stimme.

Die historische Verantwortung linker Parteien wiegt umso schwerer, wenn in Zeiten ideologischer Orientierungslosigkeit rechte Kräfte aus ihren strategischen Fehlern politisches Kapital schlagen und sich fälschlich als Friedensakteure inszenieren können.

Um solche Entwicklungen zu verhindern, müssen linke Parteien wieder als glaubwürdige Friedenskräfte etabliert werden – als Kräfte, die vor der eigenen Bevölkerung eine ernstzunehmende Alternative zu Hochrüstung, Militarisierung und imperialistischem Säbelrasseln vertreten.

Marxistinnen und Marxisten, die in breiten linken Parteien mitwirken, sind hierbei besonders gefordert.


Den vollständigen Artikel von Michael Brie findet man hier:
🔗 Die Linke in der Zeitenwende – Jacobin Magazin

Der Artikel ist auch als Podcast anhörbar, z. B. auf Spotify:
🔗 https://open.spotify.com/episode/0mSANyo3lA3XRZU1MmWXnb

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Tags : déi Lénk, Friedensbewegung, Krieg, Linkspartei, Militarismus, Ukraine

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